Zum 80. Todestag von Joachim Ringelnatz

Am 17. November 2014 erinnern wir an Joachim Ringelnatz (1883 – 1934), den deutschen Kabarettisten, Sprachjongleur und Nonsense-Dichter. Die Liste der (Berufs)Bezeichnungen des Hans Bötticher, der unter verschiedenen Pseudonymen etwa 2.500 Gedichte verfasste, könnte man fast beliebig verlängern. Lehrerschreck, Leichtmatrose und Lebenskünstler gehören zweifellos dazu.

E-Book für Ringelnatz-Einsteiger

Robert Gernhardt (1937 – 2006), der ebenfalls mit Vorliebe humoristische Gedichte verfasste, stellte als erklärter Ringelnatz-Bewunderer unter dem Titel „Warten auf den Bumerang“ ein kleines, 92 Seiten dünnes Bändchen mit seinen Lieblingsgedichten zusammen, in denen Ringelnatz „Belachbares, Besinnliches, Bedenkenswertes, Bedenkliches und Bedenkenloses“ (S. 91) zum Besten gibt. Darunter sind bekannte Texte, die sich bis heute in vielen Schulbüchern finden, wie zum Beispiel „Die Ameisen“, deren Reiselust dann doch nicht bis Australien reicht, und der „Bumerang“, der leider etwas zu lang geraten war. Ringelnatz-Fans kennen sicher auch die angeberischer Badewanne, die sich für das Mittelmeer hält („Die Badewanne prahlte sehr“), das Suahelischnurrbarthaar, das sich in die Nordsee verirrte („Logik“) oder die mitleidigen Zeilen über den Sauerampfer, der nicht reisen kann („Arm Kräutchen“).

Ringelnatz-CoverZu den nicht immer ganz jugendfreien Klassikern im Ringelnatz-Repertoire zählen die Texte rund um den trinkfesten Matrosen Kuttel Daddeldu, der in jedem Hafen eine Geliebte hat, die nicht seine Braut ist. Als „Europapa“ (S. 26) trägt er entsprechend zum Bevölkerungswachstum bei („Kuttel Daddeldu und die Kinder“), woran aber möglicherweise auch der Pfarrer nicht ganz unschuldig ist („Die Geburtenzahl“) oder die generell wenig vorbildhaften deutschen Eltern („An Berliner Kinder”). Anstößiges und Lästerliches steht hier also neben harmlosen, kindlich-komischen Versen, die sich durch Sprachwitz und Absurdität auszeichnen.

Das Ganze wird mit vier Zeichnungen von Gernhardt illustriert, der ebenfalls das Titelbild gestaltet hat. Der Rotwein des vor sich hin dümpelnden Matrosen auf dem Cover findet sich übrigens auf allen Bildern, auch wenn in der bunt gemischten Textsammlung sonst kein roter Faden erkennbar ist. Quellennachweise fehlen leider, aber als Einstieg in Ringelnatz’ Welt der Reime werden erwachsene Leser ihren Spaß an diesem Bändchen haben.

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Illustrationen:

Ringelnatz-Portrait (vor 1925), bearbeitet

Titelbild ‘Warten auf den Bumerang’ (mit freundlicher Genehmigung des Verlags)

Text:

Joachim Ringelnatz, Warten auf den Bumerang. Gedichte ausgewählt und illustriert von Robert Gernhardt (Berlin, ebook Insel Verlag, 2012)


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