Stille Nacht in den Schützengräben 1914

Der amerikanische Historiker Stanley Weintraub spürt in seinem Buch „Silent Night. The Remarkable Christmas Truce of 1994“ den Ereignissen an Weihnachten 1914 nach, als aus umkämpften Kriegsschauplätzen für kurze Zeit Orte des Friedens wurden.

You no shoot, we no shoot!

Weihnachten ohne Waffen, nur wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs? Es klingt wie ein moderner Mythos, dass verfeindete Soldaten am Heiligabend 1914 eine gemeinsame „Stille Nacht“ in europäischen Schützengräben erlebt haben sollen. Die Chancen für eine Feuerpause standen denkbar schlecht, nachdem nicht nur in Flandern und Frankreich die Kämpfe erbittert geführt und zwischen August und Dezember 1914 bereits hunderttausende junger Männer getötet, verwundet oder vermisst gemeldet worden waren. Einigkeit schien zwischen den politischen und militärischen Führern nur darin zu bestehen, dass die von Papst Benedikt XV vorgeschlagene Waffenruhe unmöglich sei.

Und doch geschah, was Weintraub im ersten Kapitel „An Outbreak of Peace“ nennt. Desillusioniert, ausgelaugt und zermürbt von der grausamen Realität des tagtäglichen Tötens und dem winterlichen Dauerregen, der die Schlachtfelder in nasskalte Schlammwüsten verwandelt hatte, sehnten sich viele Soldaten an der Westfront nach ein wenig Menschlichkeit inmitten eines unmenschlichen Krieges. Weintraub zitiert in diesem Zusammenhang den deutschen Maler Otto Dix, der seine Kriegserfahrungen so zusammenfasste: „lice, rats, barbed wire, fleas, shells, bombs, underground caves, corpses, blood, liquor, mice, cats, artillery, filth, bullets, mortars, fire, steel: that’s what war is. It is the work of the devil.’“1

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Robin Sloan: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra

Über Cover, Klappentext und die Kunst der Irreführung

Letzte Woche brachte die Post ein Rezensionsexemplar des Blessing Verlags ins Haus. Robin Sloans vor Kurzem in deutscher Sprache erschienener Roman „Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra“ verspricht eine geheimnisvolle Geschichte um einen kauzigen Buchhändler in San Francisco, der in seinem Laden nur wenige, angestaubte Bücher verkauft. Der größere Teil der Räume dient als düstere Bibliothek, in der sich Regale in schwindelerregende Höhen erheben – allesamt voller unverkäuflicher, handgefertigter Bände, die nur von den Mitgliedern eines mysteriösen Klubs entliehen werden dürfen. So weit, so spannend.

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